InhaltsverzeichnisVerwirkung von Trennungsunterhalt wegen neuer verfestigter Lebensgemeinschaft – OLG Oldenburg, Az. 4 UF 78/16
Während der Trennungszeit kann dem wirtschaftlich schwächeren Ehepartner gegen den wirtschaftlich stärkeren Ehepartner ein Anspruch auf Trennungsunterhalt zustehen. Ein solcher Anspruch kann aber verwirkt sein, wenn der anspruchstellende Ehepartner zu einem neuen Partner gezogen ist und sich die Lebensgemeinschaft mit dem neuen Parter verfestigt hat. Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte einen derartigen Fall zu entscheiden:
Orientierungssatz von scheidung.services zu Oberlandesgericht Oldenburg, Az. 4 UF 78/16:
- Eine neue verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1579 Nr. 2 BGB kann im Einzelfall auch vor Ablauf von zwei Jahren angenommen, wenn sich dies aus der Gesamtschau der objektiven Umstände in der Entwicklung der Beziehung der neuen Partnerschaft ergibt.
- So kann eine verfestigte Lebensgemeinschaft – hier zwischen der getrennt lebenden Ehefrau und ihrem neuen Lebensgefährten – angenommen werden, wenn das neue Paar öffentlich eheähnlich auftritt und die getrennt lebende Ehefrau in die Wohnung ihres neuen Lebensgefährten gezogen ist.
- Bei den vorgenannten Gesamtumständen ist dem Unterhaltsschuldner – hier Ehemann – die Zahlung von Trennungsunterhalt an die Ehefrau nicht unzumutbar.
Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Fall war die Ehefrau in den Haushalt ihres neuen Partners eingezogen, mit dem sie bereits seit einem Jahr liiert war. Die beiden waren zuvor auch nach außen bereits als Paar aufgetreten, hatten gemeinsame Urlaube verbracht und gemeinsam an Familienfeiern teilgenommen. Der kleine Sohn nannte den neuen Partner „Papa“. Der neue Partner der Frau begleitete diese auch bei Gesprächen mit Mitarbeitern des Jugendamtes und nahm die Rolle eines Ersatzvaters ein.
Ehefrau begehrt Trennungsunterhalt
Die Ehefrau verlangte von ihrem Noch-Ehemann die Zahlung von Trennungsunterhalt. Das Familiengericht Cloppenburg (Beschluss vom 11.05.2016, Az. 11 F 349/15) verneinte einen Anspruch auf Trennungsunterhalt, weil die Frau in einer neuen verfestigten Lebensgemeinschaft lebe. Gegen diese Entscheidung legte die Frau Beschwerde zum Oberlandesgericht Oldenburg ein.
Unterhaltsverpflichtung des ehemaligen Partners nicht zumutbar
Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied, dass in solch einer Konstellation auch bereits nach einem Jahr von einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgegangen werden könne. Der bedürftige Ehepartner habe sich endgültig aus der ehelichen Solidarität gelöst und damit zu erkennen gegeben, dass er diese nicht mehr benötigt. Eine weitere Unterhaltsverpflichtung des ehemaligen Partners sei vor diesem Hintergrund nicht zumutbar.
Eine verfestigte Lebensgemeinschaft könne insbesondere dann angenommen werden, wernn objektive nach außen tretende Umstände wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen.
Wegen der verfestigten Lebensgemeinschaft sei hier der Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1579 Nr. 2 BGB zu untersagen. Eine Inanspruchname des Ehemanns wäre grob unbillig. Laut § 1361 Abs. 3 BGB ist § 1579 Nr. 2 BGB auch auf den Trennungsunterhalt anwendbar.
Ehefrau nahm Beschwerde zurück
Auf einen entsprechenden Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts hat die Ehefrau ihre Beschwerde gegen die Entscheidung erster Instanz zurückgenommen.
Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 16.11.2016 – 4 UF 78/16 –
Diese Entscheidung betrifft folgende Rechtsgrundlage: § 1579 BGB
(NJW 2017, 963.)
Weitere Informationen
Lesen Sie hier mehr und ausführlich zum Trennungsunterhalt (Hintergrundtext) und zum Trennungsjahr (Hintgergrundtext).