InhaltsverzeichnisDas Aufenthaltsbestimmungsrecht: Wer bestimmt, wo das Kind nach Trennung und Scheidung wohnt?
- 1.Eltern regeln den Aufenthalt der Kinder einvernehmlich
- 2.Mögliche Aufenthaltsmodelle
- 3.Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Familiengericht
- 4.Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen
- 5.Familiengericht entscheidet nach dem Kindeswohl
- 6.Recht auf Umgang auch nach Ausschluss von Aufenthaltsbestimmungsrecht
„Die Eltern haben die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben.“ Der Wortlaut des § 1627 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) verpflichtet und berechtigt die Eltern zur gemeinsamen Ausübung des Sorgerechts über die gemeinsamen Kinder. Teil der Personensorge ist die Bestimmung des Aufenthalts der Kinder.
Eltern regeln den Aufenthalt der Kinder einvernehmlich
Auch nach Trennung und Scheidung üben die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus – einschließlich der Aufenthaltsbestimmung. Sie müssen gemeinsam entscheiden, wo die gemeinsamen Kinder nach der Trennung und Scheidung wohnen. Kein Elternteil ist berechtigt, bei einem Umzug das gemeinsame Kind einfach mitzunehmen und es auf diese Weise dem Ehepartner zu entziehen. Die Entscheidung darüber, wo sich das Kind überwiegend aufhält, müssen die Eltern untereinander aushandeln. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf dem Kindeswohl liegen. Einen Automatismus, wonach die Kinder bei dem Elternteil, der die Ehewohnung übernimmt, bleiben, oder zur Mutter ziehen, gibt es hingegen nicht.
Mögliche Aufenthaltsmodelle
Wo die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, können die Eltern auf verschiedene Weise regeln. Manche Eltern einigen sich darauf, dass die Kinder zwar bei einem Elternteil wohnen, im Gegenzug aber regelmäßig den anderen Elternteil besuchen. Dadurch kann den Kindern der Umgang mit beiden Eltern ermöglicht werden, ohne auf ein festes Zuhause verzichten zu müssen. Eine solche Regelung erfordert aber die genaue Regelung der Umgangszeiten, damit der Elternteil, bei dem die Kinder nicht wohnen, nicht zu kurz beim Umgang mit ihnen kommt.
Andere Eltern regeln die Aufenthaltsfrage, indem sie entscheiden, dass die Kinder abwechselnd bei beiden Eltern wohnen. Dann können die Kinder beispielsweise die Hälfte der Woche oder des Monats bei der Mutter und die andere Hälfte bei dem Vater wohnen.
Genau wie bei Regelungen zum Besuchsrecht ist es wichtig, den Aufenthalt gleichmäßig nach Wochentagen, Wochenenden, Feiertagen und Ferienzeiten zu verteilen, damit beide Eltern in gleichem Umfang ihre Kinder betreuen und mit ihnen Zeit verbringen können.
Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Familiengericht
Wenn sich die Eltern nicht über die Aufenthaltsfrage der Kinder einigen können, kann das Familiengericht im Zuge des Scheidungsverfahrens oder abgetrennt von diesem über das Aufenthaltsbestimmungsrecht entscheiden. Auf Antrag eines Elternteils kann das Familiengericht das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil zuweisen.
Streit über das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzündet sich insbesondere dann, wenn einer der Ehepartner den bisherigen Wohnort verlassen und gemeinsam mit den Kindern in eine andere Stadt oder sogar ins Ausland ziehen möchte. Damit werden dem anderen Elternteil die Kinder faktisch entzogen und der Umgang mit den Kindern auf Urlaubszeiten beschränkt. Eine einvernehmliche Lösung finden die Ehepartner in einem solchen Fall selten, so dass der Streit um das Aufenthaltsbestimmungsrecht vor dem Familiengericht ausgetragen werden muss.
Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen
Das Familiengericht entscheidet nur auf ausdrücklichen Antrag eines Elternteils über das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht kann einem Elternteil nur dann zugesprochen werden, wenn das Kindeswohl dies gebietet. Maßgeblich sind also nicht die Interessen der Eltern, sondern das Wohl des Kindes.
Familiengericht entscheidet nach dem Kindeswohl
Beantragt ein Elternteil das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder, so führt das Familiengericht eine große Kindeswohlprüfung durch. Was am besten für das Kindeswohl ist, bemisst sich nach den Grundsätzen der Kontinuität für das Kind, der Förderung des Kindes, an den Bindungen des Kindes zu Eltern und Geschwistern, den sozialen Bindungen zu Freunden und Familie, der Eignung der Eltern sowie an den voraussichtlichen Auswirkungen auf die Erziehung. Wichtiges Kriterium bei der Ermittlung des Kindeswohls ist ferner der Wille des Kindes. Dieser ist mit steigendem Alter des Kindes zunehmend zu berücksichtigen. Teenager über 14 Jahren haben ein so großes Mitspracherecht, dass eine Entscheidung gegen ihren Willen nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Gründe ergehen soll.
Mit der Zuweisung des alleinigen Aufenthaltsrecht kann der begünstigte Elternteil allein entscheiden, wo das Kind wohnen soll. Das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht umfasst auch die Bestimmung des vorübergehenden Aufenthalts der Kinder während der Freizeit und in Ferienzeiten.
Recht auf Umgang auch nach Ausschluss von Aufenthaltsbestimmungsrecht
Wenn das Familiengericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil alleine zuweist, heißt das aber nicht, dass der andere Elternteil das Kind gar nicht mehr zu Gesicht bekommt. Das Recht auf Umgang mit dem Kind bleibt vom Aufenthaltsbestimmungsrecht unberührt. Das Umgangsrecht kann nur unter ganz engen Voraussetzungen entzogen werden – etwa bei Gewalt gegen das Kind. Während der Umgangszeiten selbst bestimmt wiederum der Elternteil, der das Umgangsrecht wahrnimmt, wo sich die Kinder vorübergehend für die Dauer des Umgangs aufhalten.