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Anwaltszwang bei der Scheidung

Gibt es bei der Scheidung einen Anwaltszwang oder kann ich mich ohne Anwalt scheiden lassen? Diese Frage stellen sich Scheidungswillige immer wieder.

 Anwaltszwang vor dem Familiengericht

Eine Scheidung findet nach deutschem Scheidungsrecht immer vor einem Familiengericht bzw. Oberlandesgericht statt. Das Scheidungsverfahren ist u.a. im FamFG geregelt. Dort finden sich auch Vorschriften zum sogenannten Anwaltszwang. Der Anwaltszwang bei der Scheidung ist in  § 114 Abs. 1 FamG geregelt:

 Anwaltszwang bei Scheidung gemäß § 114 Abs. 1 FamG

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)
§ 114 Vertretung durch einen Rechtsanwalt; Vollmacht
(1)

Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2)

Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(3)

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen die zur Vertretung berechtigten Personen die Befähigung zum Richteramt haben.

(4)

Der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es nicht

1.

im Verfahren der einstweiligen Anordnung,

2.

in Unterhaltssachen für Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand, Vormund oder Ergänzungspfleger vertreten sind,

3.

für die Zustimmung zur Scheidung und zur Rücknahme des Scheidungsantrags und für den Widerruf der Zustimmung zur Scheidung,

4.

für einen Antrag auf Abtrennung einer Folgesache von der Scheidung,

5.

im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe,

6.

in den Fällen des § 78 Abs. 3 der Zivilprozessordnung sowie

7.

für den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 3 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes und die Erklärungen zum Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 und 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes.

(5)

Der Bevollmächtigte in Ehesachen bedarf einer besonderen auf das Verfahren gerichteten Vollmacht. Die Vollmacht für die Scheidungssache erstreckt sich auch auf die Folgesachen.

Gemäß § 114 Abs. 1 FamG  gilt in soweit für die Beteiligten also für beide Ehepartner ein Anwaltszwang bei der Ehescheidung. Das ist der Grundsatz.

 Kein Anwaltszwang bei Zustimmung zur Scheidung

Liest man in § 114 FamG aber etwas weiter und arbeitet sich bis zum Absatz 4 vor, dann kann man dort unter Nr. 3 lesen, dass es für die Zustimmung zu einer Scheidung keines Rechtsanwalts bedarf.

Die Regelung § 114 Abs. 4 Nr. 3 FamG nimmt Bezug auf die einvernehmliche Scheidung. Eine einvernehmliche Scheidung ist laut Gesetz zwar auch nicht ganz ohne Anwalt möglich, aber es reicht auch, wenn sich eine Ehepartner einen Anwalt nimmt. Für den Ehepartner, der den Scheidungsantrag stellen möchte, besteht Anwaltszwang. Der andere Ehepartner, der der Scheidung lediglich zustimmen will, kann dies auch ohne Anwalt tun.

 Wann der Anwaltszwang bei der Ehescheidung doch wieder besteht

Schnell kann es bei der Scheidung zu Konstellationen kommen, wo auch der andere Ehegatte einen Anwalt braucht. Soll das Gericht auch über den Unterhalt, den Zugwinnausgleich, den Versorgungsausgleich, die Ehewohnung oder den Hausrat entscheiden, so muss auch der andere Ehepartner einen Anwalt haben. Es handelt sich insoweit dann auch nicht mehr um eine einvernehmliche Scheidung sondern um eine streitige Scheidung.