Kündigung der Ehewohnung durch ausgezogenen Ehegatten nach Trennung wirksam – OLG Frankfurt, Az. 5 UF 14/13

Trennen sich Eheleute, dann geschieht das meist auch in der Weise, dass ein Ehegatte aus der Ehewohnung auszieht und der andere dort verbleibt. In der Folge der Trennung und der Scheidung stellt sich dann immer die Frage, was mit der Ehewohnung geschieht. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem der Ehemann aus der Ehewohnung ausgezogen war und so dann den Mietvertrag kündigte, was der Ehefrau missfiel. Das Problem: Der Ehemann war der alleinige Mieter der Wohnung:

Leitsatz zu Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 5 UF 14/13:

Ist derjenige Ehegatte, der alleiniger Mieter der Ehewohnung ist, nach der Trennung ausgezogen und hat den Mietvertrag gegenüber dem Vermieter gekündigt, ist die Kündigung ungeachtet der Frage, ob aus § 1353 Absatz 1 S. 2 BGB ein Kündigungsverbot folgt, im Verhältnis zum Vermieter rechtswirksam. Der in der Wohnung verbleibende Ehegatte kann auch dann keine Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361b Abs. 1 BGB erhalten, wenn er beabsichtigt, in der Wohnung zu verbleiben und im späteren Scheidungsverfahren einen Antrag nach § 1568a BGB zu stellen.

 Sachverhalt

Die Ehegatten trennten sich im Oktober 2012 und der Ehemann zog aus der gemeinsamen Ehewohnung aus. Der Mietvertrag der Wohnung lautete auf den Ehemann. Er war alleiniger Mieter. Nach dem Auszug aus der Wohnung kündigte der Mann die Wohnung zum 31.01.2013. Die Ehefrau wollte aber weiterhin in der Wohnung verbleiben. Im Wege der einstweiligen Anordnung  verlangte die Ehefrau die Zuweisung der Wohnung für die Dauer der Trennungszeit und darüber hinaus die Feststellung, dass die Kündigung der Ehewohnung durch den Ehemann rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam sei.

 Amtsgericht weist Antrag der Ehefrau ab

Das Amtsgericht Frankfurt am Main (AG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.12.2012, Az. 453 F 2440/12) wies den Antrag der Ehefrau ab. Hiergegen legte die Frau Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschied ebenfalls gegen die Ehefrau.

 Wohnungszuweisungsantrag unbegründet – kein Regelungsbedürfnis für Wohnungszuweisung

Das Oberlandesgericht stellte fest, dass das Amtsgericht zutreffend ausgeführt habe, dass der Ehemann freiwillig aus der Ehewohnung ausgezogen sei und diese bis zur Beendigung des Mietvertrages der Frau überlassen habe. Insoweit fehle es dem Antrag auf Wohnungszuweisung gemäß § 1361b BGB schon an einem Regelungsbedürfnis, weil die Frau die Wohnung weiterhin nutzen konnte und eine Wohnungszuweisung gegenüber dem Vermieter keinerlei Wirkung entfalte.

 Fehlendes Feststellungsinteresse aufgrund falschen Gegners

Die Frau habe nicht die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Mietvertragskündigung verlangen können, da es am erforderlichen Feststellungsinteresse gefehlt habe. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung gegenüber ihrem Ehemann entfalte keine Wirkung im Verhältnis zum Vermieter. Ihm gegenüber sei die Kündigung wirksam geblieben. Die Ehefrau habe allenfalls bei Vorliegen eines Kündigungsverbots gegenüber dem Vermieter auf Feststellung der Kündigungsunwirksamkeit klagen können.

 Eventueller Schadenersatzanspruch wegen Verletzung ehelicher Solidarität

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts habe der Ehefrau aber unter Umständen ein Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der ehelichen Solidarität gemäß § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB zugestanden. Einen solchen Anspruch hätte sie aber im Wege einer Leistungsklage geltend machen müssen und nicht im Wege einer Feststellungsklage.

 OLG weist auf gesetzliche Regelungslücke hin

Im Verhältnis des Ehegatten, der alleine Partei des Mietvertrages ist, zum Vermieter sei die Kündigung – von Fällen der Kollusion abgesehen – in jedem Fall wirksam. Für den Fall, dass der andere Ehegatte kündigt, ohne dass der andere noch die Möglichkeit habe, ein gerichtliches Kündigungsverbot zu erwirken, bestehe im Verhältnis des in der Wohnung verbleibenden Ehegatten zum Vermieter insoweit eine Gesetzeslücke, die nur der Gesetzgeber durch die Regelung eines absoluten Kündigungsverbotes schließen könnte.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.02.2013 – 5 UF 14/13 –
Diese Entscheidung betrifft folgende Rechtsgrundlage: § 1361b BGB
(ZMR 2014, 279)

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Was hätte die Ehefrau im obigen Fall am besten tun können?

Bereits vor der Kündigung des Mietvertrages hätte die Frau ein gerichtliches Kündigungsverbot erwirken müssen. Dieses hätte gemäß §§ 135, 136 BGB auch gegenüber dem Vermieter Wirkung gehabt (vgl. Brudermüller in: FuR 2003, 437). Kündigt der Alleinmieter trotz gerichtlichen Kündigungsverbots den Mietvertrag, so ist die Kündigung dann nur im Verhältnis zu dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten unwirksam. Gegenüber dem Vermieter ist das Mietverhältnis für den Alleinmieter beendet.

 Weitere Informationen

Die Ehewohnung (Hintergrundtext)