InhaltsverzeichnisScheidung ohne Trennungsjahr bei Schwangerschaft der Ehefrau aus ehebrecherischem Verhältnis – OLG Hamm, Az. 8 WF 106/14
Wer sich scheiden lassen möchte, muss grundsätzlich mindestens ein Jahr von seinem Ehepartner in Trennung leben (Trennungsjahr). In Härtefällen ist aber auch eine Scheidung ohne Trennungsjahr möglich, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, Beschluss vom 16.06.2014, Aktenzeichen 8 WF 106/14, zeigt:
Orientierungssatz von scheidung.services zu OLG Hamm, Az. 8 WF 106/14:
Eine durch ein außereheliches Verhältnis eingetretene Schwangerschaft stellt im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB eine unzumutbare Härte dar (Härtegrund), die eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahrs rechtfertigt.
Vaterschaft des Ehemanns aufgrund bestehender Ehe rechtfertigt Annahme eines Härtefalls
Wenn eine Ehefrau aus einem ehebrecherischen Verhältnis schwanger wird, so rechtfertigt dies die Scheidung noch vor Ablauf des Trennungsjahrs (§ 1565 Abs. 2 BGB). Allein der Umstand, dass der Ehemann bei bestehender Ehe gemäß § 1592 Nr. 1 BGB rechtlich Vater des Kindes wird, rechtfertigt die Annahme eines Härtefalls.
Ehepaar wollte sich vor Ablauf des Trennungsjahrs scheiden lassen
In dem zugrunde liegenden Fall wollte sich ein Ehepaar noch vor Ablauf des ersten Trennungsjahrs scheiden lassen, da die Ehefrau aufgrund eines außerehelichen Geschlechtsverkehrs schwanger geworden war.
Das Amtsgericht Coesfeld verneinte jedoch das Vorliegen eines Härtefalls und wies den Scheidungsantrag des Ehemanns daher zurück. Das Familiengericht vertrat die Ansicht, dass der Ehemann einen normalen Scheidungsantrag nach Ablauf des ersten Trennungsjahrs stellen könne. Die mögliche Vaterschaft des Ehemanns zu dem Kind könne nach § 1599 Abs. 2 BGB verhindert werden. Danach werde der Ehemann nicht Vater des Kindes, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt. Gegen diese Entscheidung legte der Ehemann Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten des Ehemanns und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf.
Schwangerschaft aus ehebrecherischen Verhältnis stellt Härtegrund dar
Die Schwangerschaft aus einem ehebrecherischen Verhältnis stelle einen Härtegrund für eine vorzeitige Scheidung gemäß § 1565 Abs. 2 BGB dar. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass beide Ehegatten übereinstimmend vom Vorliegen eines Härtefalls ausgehen.
Vaterschaft aufgrund bestehender Ehe begründet Härtescheidung
Ein Scheidungsantrag nach Ablauf des Trennungsjahrs berge für den Ehemann das Risiko, so das Oberlandesgericht, dass er Vater des Kindes werde. Im Fall des § 1599 Abs. 2 BGB sei er darauf angewiesen, dass ein Dritter im vorgegebenen Zeitrahmen die Vaterschaft anerkenne. Im Verweigerungsfall müsse der Ehemann seine Vaterschaft anfechten. Darauf wäre er im Falle einer rechtzeitigen Härtescheidung nicht angewiesen. Allein dies rechtfertige die Zulassung einer Härtescheidung.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 16.06.2014 – 8 WF 106/14 –
Diese Entscheidung betrifft folgende Rechtsgrundlage: § 1565 Abs. 2 BGB
(FamRZ 2014, 2004 und FuR 2015, 422 und NZFam 2015, 174)