Umgangsrecht für in gleichgeschlechtlicher nichtehelicher Lebensgemeinschaft geborene Kinder – OLG Karlsruhe, Az. 18 UF 22/22

Lesbisches Paar mit Kind

InhaltsverzeichnisUmgangsrecht für in gleichgeschlechtlicher nichtehelicher Lebensgemeinschaft geborene Kinder – OLG Karlsruhe, Az. 18 UF 22/22

Der Ex-Partner einer gleichgeschlechtlichen, nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat bei Loyalitätskonflikten des Kindes wegen vehementer Ablehnung des Umgangs durch den leiblichen Elternteil keinen Anspruch auf Umgang mit Kind.

 Sachverhalt

Im Rahmen einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft wurden im Wege der künstlichen Befruchtung zwei Kinder gezeugt und von einer der Partnerinnen ausgetragen und geboren. Bis zur Trennung des Paares im August 2021 übernahm die andere Partnerin (hier im Folgenden auch als „Antragstellerin“ oder „Ex-Partnerin“ bezeichnet) in erheblichem Umfang die Versorgung, Betreuung und Erziehung der Kinder.

Die Antragstellerin war bei beiden Geburten zugegen und bezog jeweils mit der Partnerin und dem Neugeborenen ein Familienzimmer in der Klinik. Nach den Geburten beider Kinder nahm sie jeweils einen Monat Elternzeit. Die Versorgung der Kinder, das Wickeln, Anziehen, Baden, Füttern, Spielen und Vorlesen etc. wurde von beiden Frauen übernommen. Die Antragstellerin nahm mit den Kindern Arzttermine sowie Termine in Kita und Kindergarten war. Sie übernahm auch die Eingewöhnung eines der Kinder. Beide Kinder begleitete sie ins Kinderturnen. Sie brachte einem Kind das Fahrradfahren bei, unternahm mit den Kindern Ausflüge und nahm Treffen mit Freunden wahr. Morgens wurden die Kinder durch sie versorgt und in die Kita bzw. in den Kindergarten gebracht. Für die Kinder war die Antragstellerin ihre „Mom“, die Antragsgegnerin ihre „Mama“.

Einige Monate nach der Trennung verweigerte das leibliche Elternteil der Kinder (Antragsgegnerin) jeglichen Umgang mit der Ex-Partnerin. Hintergrund dessen war die fehlende Aufarbeitung der Trennungsgründe. Die Ex-Partnerin war mit dem Umgangsausschluss nicht einverstanden und beantragte im Eilverfahren die Gewährung von zumindest begleiteten Umgang.

 Familiengericht und Oberlandesgericht weisen Antrag auf Umgangsrecht ab

Das Amtsgericht Freiburg wies den Antrag zurück. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Ex-Partnerin. Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts.

 Umgang dient nicht dem Wohl der Kinder

Ein Recht auf Umgang gemäß § 1685 Abs. 2 BGB bestehe nicht, da ein solcher nicht dem Wohl der Kinder dienen würde. Zwar bestehe zwischen der Ex-Partnerin und den Kindern eine soziale-familiäre Beziehung. Sie sei als enge Bezugsperson anzusehen. Jedoch könnten angesichts der nicht aufgearbeiteten Trennung, der Konflikte auf der Paarebene, der strikten Ablehnung jeglichen Umgangs durch das leibliche Elternteil und des für die Kinder daraus resultierenden Loyalitätskonfliktes keine Umgangskontakte stattfinden, welche die Kinder nicht erheblich beeinträchtigen würde.

 Kinder können Loyalitätskonflikt nicht aufarbeiten

Es sei zu erwarten, dass der Loyalitätskonflikt im Falle der Anordnung von Umgangskontakten durch die Kinder nicht aufgearbeitet, sondern sich durch die tatsächliche Umsetzung erzwungener Umgangskontakte weiter verschärfen würde.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 30.06.2022 – 18 UF 22/22 –

Diese Entscheidung betrifft folgende Rechtsgrundlagen: § 1685 Abs. 2 BGB

Weitere Entscheidungen zu § 1685 Abs. 2 BGB

(NJW 2022, 2418)

 Weitere Informationen

Das Umgangsrecht (Hintergrundtext)